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Die zu Beginn des 20. Jahrhunderts errichtete Einkaufspassage sollte verschiedene Einzelhändler unter einem Dach vereinen, um ihnen die Möglichkeit zu geben, mit den damals in Berlin entstandenen Kaufhäusern zu konkurrieren. Das Geschäftsmodell erwies sich als erfolglos. Schon bald wurde die Arkade vom Elektrokonzern AEG erworben und als Ausstellungsraum für die Produkte des Unternehmens genutzt. In den 1930er Jahren diente das Gebäude den Nationalsozialisten als Bürohaus und in den 1940er Jahren waren dort französische Kriegsgefangene untergebracht. Obwohl es im Krieg leicht beschädigt worden war, konnte es in den ersten Jahrzehnten der DDR-Zeit noch für verschiedene Zwecke genutzt werden, bis die Stadtverwaltung Anfang der 1980er Jahre den Abriss beschloss.
Die DDR brach zusammen, bevor dieser vollzogen war. Während sich die Stadt nach dem Fall der Berliner Mauer im Übergang befand, wurde der erhaltene Teil des Gebäudes 1990 von Künstlerinnen und Künstlern besetzt. Das Hausbesetzerkollektiv beantragte die Anerkennung des Hauses als denkmalgeschütztes Gebäude und nachdem es diesen Status erreicht hatte, rettete es das historische Gebäude vor dem vorübergehend verzögerten Abriss und blieb dort.
Die Künstlerinnen und Künstler nannten das Gebäude „Tacheles“, was aus dem Jiddischen übersetzt „offen sprechen“, „direkt äußern, was man denkt“ bedeutet. Es entwickelte sich schnell zu einem Kultur und Kunstzentrum, das im wiedervereinigten Berlin zu einem Symbol für Freiheit und Kreativität wurde. Zahlreiche Ateliers, Ausstellungsräume, ein Kino, eine Bar und große Räume für Konzerte, Lesungen und Performances machten das Tacheles zu einem kreativen und vielfältigen Ort, der jährlich Hunderttausende von Besucherinnen und Besuchern anzog.
Im Jahr 2008 lief der Mietvertrag aus und der Eigentümer beschloss, das Gebäude zu verkaufen. Nach vier Jahren der Proteste gegen den Verkauf des Tacheles, der Sammlung von über 200.000 Petitionsunterschriften, Verhandlungen mit dem Eigentümer des Gebäudes und einem Appell an den Regierenden Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, zwangen die Behörden die letzten Bewohnerinnen und Bewohner im September 2012, das Haus zu verlassen.
Wo einst Freiheit und Kreativität herrschten, befindet sich heute ein Gebäudekomplex mit vorwiegend Luxuswohnungen. Der Name „Am Tacheles“ und die historische Fassade der Einkaufspassage, die in das neue Gebäude integriert wurde, erinnern an die Existenz der einstigen Nutzung – aus dem besetzten Haus wurde ein architektonisches Denkmal, das immer noch von alten Graffiti bedeckt ist.